Dienstag, 8. September 2015

Condominio und Muße

Mi., 02.09.15

Das Vordach umläuft das gesamte Haus und darunter befindet sich die Veranda.






Da sitzen wir nun im Condominio auf der Veranda des Hauses der Rentner Guimaers-Meinkings. (Nur kurz eingeworfen: 1932 hatte der Nienburger Karl Meinking die verrückte Idee nach Brasilien auszuwandern, um in der Diamantina nach Diamanten und Gold zu suchen. 1934 ist er dann auch tatsächlich angekommen und hat begonnen in seinem Claim zu buddeln, hat eine Brasilianerin geheiratet und eine Tochter bekommen, die Tante, bei der wir nun zu Besuch sind.)

„Hier kann man die Ruhe hören“, sagt Heinrich Anton und gibt seiner Hängematte neuen Schwung. Stimmt im Prinzip, wären da nicht die lärmenden Gänse, die anstatt eines Hundes das „Wachen“ übernehmen und jede Bewegung und jedes Geräusch mit ihrem merkwürdig heiser klingenden Getute kommentieren. Abgesehen davon attackieren sie auch jeden, der sich dem Haus nähert und ja, das tut weh, wenn die zuhappen. 

Ex-Wachhund Polar, 12 Jahre alt, Rentner & Müßiggänger
Ein Hund ist natürlich auch da, der ist aber schon 12 Jahre alt und kann das „Wachen“ nicht mehr machen. Er ist also ebenfalls in Rente und liegt nur noch auf der Verenda.

Sich Zeit für das Zeitlose nehmen ist hier die Devise. Hier beherrscht Muße den Tagesablauf. Muße, griechisch scholé, lateinisch otium bedeutet das Losgelöstsein von ökonomischen und politischen Tätigkeiten und das Freisein von privaten oder öffentlichen Geschäf-ten. Und hier hinter den Mauern des Condominio ist man von der rastlosen Welt tatsächlich abgeschnitten. 


Wahre Muße kann entstehen, wenn man nicht an den „Hunger“ von morgen denken muss und im Gegenteil auch nicht gierig jeder neuen Annehmlichkeit der Moderne nachjagt.  


Zum Abschluss noch ein Zitat von Blaise Pascal: „Alles Unglück der Welt verdankt sich der Unfähigkeit der Menschen, in einem Zimmer zu bleiben.“ Bezogen auf Brasilien müsste das Wort Zimmer durch Veranda oder besser noch durch Hängematte ersetzt werden und genau da lege ich mich jetzt wieder hinein, yeah und fröne dem nutzenfreien Verweilen im Schatten und lausche dem Getute der acht Wachgänse.


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